11.08.2013

Amalso und Scheich Suweid (Shaykh Zuwaid)


Amalso liest ab und an die widerstreitenden Nachrichten über den Nord-Sinai, Drohnen, Raketen, Bomben, Schießereien, einmal von den Israelis, dann von der ägyptischen Armee, dann von den der Muslim Bruderschaft nahestehenden Terrorbanden, den sogenannten ‚Islamisten‘. Er wusste, dass einer seiner Freunde sich in den Jahren 2000 bis 2002 dort öfters aufgehalten hatte. Er fragte ihn, was er davon halte. Zur Antwort bekam er Folgendes:
„Spirituell sind die Stammesführer der Beduinen, die führenden Scheichs dort, dem modernen Sufi-Orden der Alawiyya verbunden, dessen Netzwerke von Algerien nach Jerusalem, Süd-Israel , Ghaza und Scheich Suweid reichen (Vergessen wir Genua, Marseille, Bristol, Oxford, etc.!). Es handelt sich dort um sehr aufgeklärte, kluge und starke Männer, die sowohl Arabisch, als auch Hebräisch sprechen. An ihrer Treue zu Ägypten kann auch heute noch trotz aller Widrigkeiten (Nähe zur Grenze, neue Schulen der Ägypter, die niemand recht wollte etc.) kein Zweifel bestehen.
Ich sollte von Hörensagen noch hinzufügen: In den letzten vier Jahren der Mubarak-Zeit glaubten die Ägypter - hier wenig klug! - nach einigen Zwischenfällen zeigen zu müssen, dass sie Herr der Lage sind, und griffen ordnungspolitisch hart durch. Unter der Regierung Mursis wurden die Stämme zum Spielball des Kairoer Machtkampfes zwischen der Muslim Bruderschaft und der Armee. Mit dem Ergebnis, dass el-Tantawi den Oberbefehl der Armee verlor und ihm el-Sisi auf dem Posten nachfolgte. 2012 fiel einer von den Sufi/Stammes-Scheichs, Scheich Khallaf, Junior vermute ich,  einem heimtückischen Hinterhalt der Islamisten zum Opfer.  
Ach, die Amerikaner, ich hätte sie beinahe vergessen, 2000/1: Der amerikanische Botschafter in Kairo soll sich öfter in der Gegend von Gurna und Bir ´Abd aufgehalten haben. Mehrere junge Männer aus Bir ´Abd oder Kafr al-´Abid, ich weiß es nicht genau, jedenfalls eine ausschließlich aus freigelassenen schwarzafrikanischen Sklaven der Terabin (des Hauptstammes der Nord-Sinai-Beduinen) bestehende Siedlung konnten auf diese Besuche hin College-Stipendien in Maryland  erhalten. Ich erinnere mich, dass ich 2002 einen von ihnen persönlich getroffen habe. Ich habe über meine Erfahrungen einmal einen kleinen Bericht geschrieben und wurde daraufhin noch in der späten Zeit der Mubarak-Ära  von  „Vanity Fair Research“ mit einer eigenartigen Frage über die Unterdrückung der Frau unter Sinai-Beduinen angeschrieben.
Ach, wenn ich das heute alles revuepassieren sehe, bin ich sehr traurig! Scheich Suweid war ein Beduinenfürst, sein Grabmal strahlt das Licht dieser wunderbaren Ecke des östlichen Mittemeers aus und hat die Aura einer schon in späthellenistischer Zeit lebendigen Kulturstätte.
Fragt man, wie ich mich in Scheich Suweid damals zu Beginn des letzten Jahrzehnts gefühlt habe, so berufe ich mich am liebsten auf die Zeilen von ´Abd al-Ghani an-Nablusi (1641-1731),  die der deutsch-österreichisch-jüdische Orientalist Ignaz Goldziher einmal so übersetzt hat:
´…in Suweid herrscht das Wort der glücklichen Liebe - ein Augenlied jagt hier kräftig nach meinem Herzen
Man sage nicht,  es gebe keine Männer in Suweid – denn heute gehöre ich zu den Männern von Suweid´

Und heute am Sonntag den 11. August 2013, heute  Nacht noch, weine ich, und wenn ich nur kurz in die Welt der neuen Medien blicke, weine ich viele Tränen und denke an Scheich Suweid und an-Nablusi und die vielen Aufgeklärten und Klugen dort…!„

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