Amalso liest ab und an die widerstreitenden Nachrichten über den Nord-Sinai, Drohnen, Raketen, Bomben, Schießereien, einmal von den Israelis, dann von der ägyptischen Armee, dann von den der Muslim Bruderschaft nahestehenden Terrorbanden, den sogenannten ‚Islamisten‘. Er wusste, dass einer seiner Freunde sich in den Jahren 2000 bis 2002 dort öfters aufgehalten hatte. Er fragte ihn, was er davon halte. Zur Antwort bekam er Folgendes:
„Spirituell
sind die Stammesführer der Beduinen, die führenden Scheichs dort, dem modernen
Sufi-Orden der Alawiyya verbunden, dessen Netzwerke von Algerien nach
Jerusalem, Süd-Israel , Ghaza und Scheich Suweid reichen (Vergessen wir Genua,
Marseille, Bristol, Oxford, etc.!). Es handelt sich dort um sehr aufgeklärte, kluge
und starke Männer, die sowohl Arabisch, als auch Hebräisch sprechen. An ihrer
Treue zu Ägypten kann auch heute noch trotz aller Widrigkeiten (Nähe zur
Grenze, neue Schulen der Ägypter, die niemand recht wollte etc.) kein Zweifel bestehen.
Ich sollte
von Hörensagen noch hinzufügen: In den letzten vier Jahren der Mubarak-Zeit
glaubten die Ägypter - hier wenig klug! - nach einigen Zwischenfällen zeigen zu
müssen, dass sie Herr der Lage sind, und griffen ordnungspolitisch hart durch. Unter
der Regierung Mursis wurden die Stämme zum Spielball des Kairoer Machtkampfes
zwischen der Muslim Bruderschaft und der Armee. Mit dem Ergebnis, dass
el-Tantawi den Oberbefehl der Armee verlor und ihm el-Sisi auf dem Posten
nachfolgte. 2012 fiel einer von den Sufi/Stammes-Scheichs, Scheich Khallaf,
Junior vermute ich, einem heimtückischen
Hinterhalt der Islamisten zum Opfer.
Ach, die
Amerikaner, ich hätte sie beinahe vergessen, 2000/1: Der amerikanische
Botschafter in Kairo soll sich öfter in der Gegend von Gurna und Bir ´Abd aufgehalten
haben. Mehrere junge Männer aus Bir ´Abd oder Kafr al-´Abid, ich weiß es nicht
genau, jedenfalls eine ausschließlich aus freigelassenen schwarzafrikanischen
Sklaven der Terabin (des Hauptstammes der Nord-Sinai-Beduinen) bestehende
Siedlung konnten auf diese Besuche hin College-Stipendien in Maryland erhalten. Ich erinnere mich, dass ich 2002
einen von ihnen persönlich getroffen habe. Ich habe über meine Erfahrungen
einmal einen kleinen Bericht geschrieben und wurde daraufhin noch in der späten
Zeit der Mubarak-Ära von „Vanity Fair Research“ mit einer eigenartigen
Frage über die Unterdrückung der Frau unter Sinai-Beduinen angeschrieben.
Ach, wenn
ich das heute alles revuepassieren sehe, bin ich sehr traurig! Scheich Suweid
war ein Beduinenfürst, sein Grabmal strahlt das Licht dieser wunderbaren Ecke
des östlichen Mittemeers aus und hat die Aura einer schon in
späthellenistischer Zeit lebendigen Kulturstätte.
Fragt man,
wie ich mich in Scheich Suweid damals zu Beginn des letzten Jahrzehnts gefühlt
habe, so berufe ich mich am liebsten auf die Zeilen von ´Abd al-Ghani an-Nablusi
(1641-1731), die der deutsch-österreichisch-jüdische
Orientalist Ignaz Goldziher einmal so übersetzt hat:
´…in Suweid herrscht das Wort der
glücklichen Liebe - ein Augenlied jagt hier kräftig nach meinem Herzen
Man sage nicht, es gebe keine Männer in Suweid – denn heute
gehöre ich zu den Männern von Suweid´
Und heute am Sonntag den 11. August
2013, heute Nacht noch, weine ich, und
wenn ich nur kurz in die Welt der neuen Medien blicke, weine ich viele Tränen
und denke an Scheich Suweid und an-Nablusi und die vielen Aufgeklärten und
Klugen dort…!„
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