Lesung
aus Nizza zur Unterstützung des Crowdfondings (http://www.startnext.de/rot02) von
Ausstellungsraum Eulengasse, Frankfurt: Sonntagsmatinee 7. Dezember 2014, 11
Uhr Seckbacher Landstraße 16 Frankfurt - Bornheim Eintritt 4 Euro
23.11.2014
26.10.2014
Parnassius Apollo
Wie jetzt
Parnassius Apollo
Schlürfte ich
In den letzten Zügen
Den Honig
Aus der Distelblüte
Nie
Wie konnte ich es wissen
War mir auf hohen Hängen
Der Schmetterling
Der königliche
Begegnet
Schwarz und weiß
Enge und breite Muster
Wär‘s nicht
die Wissenschaft
Und rote Ringe
Die drängend jetzt
Mich darauf brachten
Auf diesen Ritter
Der sich sterbend noch
Genoss
In vollem Zug und Stille
M.E.Stroughton
13.08.2014
16.07.2014
22.06.2014
Der Grüneburg-Park und die Brunnen, Vasen und Urnen des Lebens
Wir gehen
fast jeden Sonntag da vorbei, die schnellen Blicke dorthin vergessend, da
stehen sie diese Vasen und Brunnen des Lebens, während wir vorbeihuschen, mit dem
Rad oder ohne, mit Hund oder ohne, trimm trabend oder auch nur flanierend,
vorbei, kaum, dass wir uns ihrer erinnern. Dann passiert auch das, das nähere
Hinsehen und in Gedanken nach Flaneurs-Art ein Empfinden, ein Suchen nach
Bedeutung und Sinn. Worum handelt es sich eigentlich? Könnten es, diese hier
eingeritzten Bilder, Versuche sein, eine verlorene Zeit am Leben zu halten? In Stein geritzte, nackte Menschenkörper aus
anderen Zeitaltern, so nebenbei in dieser gestalteten Natur des Parks zu
erhalten, sie zurückzubringen gar als Merkbilder massenartiger orgiastischer
Liebeskulte aus einer alten, offenen Welt?
Das Petit Palais der Grüneburg wurde,
so steht es auf einem Stein, 1856 fertiggestellt. Man fragt sich, ob etwa in
der Mitte des 19. Jh. noch, als man dieses kleine Schlösschen in die stille
Welt der Hügel überm Frankfurter Westend gebaut hatte, ein Blick zurück noch
lebendig war? Frühe Antike? Bewegter Anteil am ‚Orient‘, an dieser orgiastischen
Welt des Méditerranée? Welche alten Standpunkte und Visionen sollten hier etwa
im steinernen Abdruck noch erlebbar gehalten werden?
Andere würden sich fragen, was soll
der Kitsch? Diese als Ur-Reste früher Kultur uns vorgestellten Erscheinungen,
sind sie doch nichts anderes als die rohe Schein-Kunst eines schlechten
Steinhauers? Wiederum andere könnten
fragen, ob es sich nicht doch um künstlerische Vorstellungen handelt, aus jenem
Teil der Welt, die die damals gerade der kolonialen Besatzung anheimgefallen war.
Als handelte es sich um ins Große übersetzte Rollensiegel. Widerspiegelungen
der einst so hohen hethitischen Kunst. Übersetzungen der einst authentischen Insignien
von Macht? Und doch Körperbilder sich liebender Menschen, Einzelne in der
Masse, nackt in Gottes Welt oft eng aneinanderhängend, In einen Rollenzirkel
gepresst.
Und wer
Wunderfantasie liebt, könnte sich fragen, erscheinen sie uns nicht wie Engel, die
in die Kurve fliegend auf uns zukommen?
So lebendig
können sie sein, bei all diesen Fragen, und doch sind sie platt in Stein
gehauen und fast nebensächlich, als wären sie da vergessen worden, in den von
uns allen so geliebten Naturgarten hinein gestellt.
Vom Grünen
Berg zum Palais Grüneburg, das ist eine lange Geschichte mit vielen Wechseln unter
den Eigentümern. Zuletzt die Zwangsenteignung einer jüdischen Familie 1935
durch die Stadt Frankfurt. Als das Palais 1944 nieder gebombt und zerstört
schließlich als Park der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht wurde,
blieben vereinzelt, gleich wie man es nach Zustand und Scherben beurteilt, Brunnenschalen,
Vasen oder Urnen, drei oder vier Stücke
im Park stehen. Erhalten sind sie in nächster Nähe der auf der Rasen und Rosen getragenen
Gedenkfläche, unter der die Ruinen des Schlosses noch lagern müssten.
Wenn man Halt
macht und sich fälschlich erinnert, kommt einem bei den gezeigten Steinmenschen
und Tieren, neben der Sache mit dem Rollensiegel der hethitischen Fürsten, auch
ein Kriegsbild des großen französischen Malers Picasso von 1936 in den Sinn,
das Bild, das Tier und Mensch, Ruinen und Licht, auf schlagend zyklischer Weise
in einer modernen Kriegsszene vermischt. Vor allem aber das Rund der oben auf
der Fläche stehenden breiten Schale enthält so archetypisch, ineinander geschüttelte
Formen, und wenn sie auch Liebe überall zeigen, so haben sie doch auch dieses
archaische Körperspiel. Man verzeihe es uns, in dieser aufgewirbelten,
rollenden Form, stehen sie den Impressionen des Guernica-Gemäldes von Picasso in nichts nach. Sie vermitteln in gleicher Schärfe, wenn auch eben in ganz
anderer szenischer Komposition, das Gefühl von der archetypischen Körperlichkeit
des Menschen, ein Gefühl, das uns heute aus den Kriegsbildern vom Orient wieder
entgegenschlägt!
Neben der
eindrucksvollen Rundschale, nur wenige Meter davon entfernt, wurde 1968, in der Zeit des Drangs nach neuer, freierer,
offener Welt, für den Frankfurt gerade damals so sehr einstand, ein eigenartig
karg-rationales Mahnmal errichtet. Eine kantige Gedenkstele aus schwarzem Holz
steht neben der Schale mit den rotierenden Körpern des orientalischen Fests und
Glücks, als brauchte es ein Stück puritanischer Trauer auf dieser Rasenfläche
über der Palais-Ruine. Und so erinnert die dunkle Stele an die Kriegsnacht, in
der dieses einst von jüdischen Mitbürgern der Stadt geeignete Bauwerk vollends
zerstört wurde.
Von weit her
erheben sich der Fernsehturm nach Norden und nach Süden der Messe- und die
Bankentürme über das unvergleichliche je nach Jahreszeit grüne, aber immer wild
bunte Parkgelände. Dieses wird nun unter grün-roter Stadtführung einer vollständigen
Erneuerung unterzogen. Da war es uns ein Anliegen, eben noch auf diese, von ihrer
„Überlebensgeschichte“ her so anregend planlos verorteten, archetypischen und
visionären Schätze im Grüneburg-Park hinzuweisen.
03.06.2014
Porridge oder Haferschleim
Einmal, so
stell dir vor, an einem Morgen kam Maurice zu Amalso, er war ganz weinerlich.
Er sagte, „Ich hatte heute Porridge zum Frühstück, ist mir aber nicht
bekommen.“ Amalso war erstaunt, „Porridge? Ist das etwa dieser Haferschleim,
mit dem man uns in den ersten Nachkriegszeiten ans Leben gewöhnt hat?“ „Ja, du
weist es ja, in meiner englischen Umgebung hieß das Porridge, ich habe das Wort
und später auch die Speise geliebt. Als ich meine Kinder groß zog, war Porridge
einfach „in“!
„Es kann
aber doch nicht sein, dass du nur gekommen bist, um mir das mitzuteilen.“
„Nein, stell dir einmal vor, da hat sich doch jemand über den „englischen“
Namen meines Verlags mokiert. Er hat zwar gemeint, über Namen dürfe man sich
nicht ungestraft mokieren, hat es aber dann doch getan, und meint wohl auch, so
davon zu kommen.“ „Was meinst du? War dies nun zu Recht?“ „Ich bin mir nicht
sicher. Es ist ja nicht nur eine Frage des Anstands, aber ich glaube, er
versteht das Wort, er versteht den Namen nicht. Ein gebildeter Mensch, aber er
verlässt sich nur auf Langenscheid oder Schöffler-Weis!“ „Das tun doch alle,
also hat er gar nicht so Unrecht!“ „Kann sein! Jedenfalls übersetzt er „vantage
point world“ als „Vorzugspunkt Welt“, es entgeht ihm dabei, dass es sich um
eine amerikanische Wendung handelt, die Amerikaner haben dem Wort aber dabei
den Ruch des Vorurteils, als handele es sich um „Rang“, genommen, sie sprechen neutral
von „vantage point“, wenn es sich um Standpunkt, Perspektive oder Blickwinkel
handelt. Jedenfalls bin ich der Meinung, dass mein Geliebter Henry James, es
immer so nahe meint mit diesem Wort, und es immer dann anbringt, wenn es sich
um einen Observierungspunkt handelt, in den sich eine Person rückt. Jedenfalls
ist diese Sache der Vorteilsnahme, die man mit „advantage“ im Ohr hat, im
Amerikanischen, eben „vantage point“, ganz weg.“ „Da soll einer schlau draus
werden! Dein Kritiker hat Recht“ meinte Amalso, „ich bin sicher, du hast den
Namen nur gewählt, um dir einen „google“-Vorteil zu verschaffen!“
„Das ist
gehässig!“ antwortete Maurice und spürte, dass er jetzt entschlossen ein vom
Porridge herkommendes Magendrücken zu bewältigen hatte. Er fügte hinzu: „Wie, wenn
man jeden, der Moshe, Chris oder Muhammad heißt, einen falschen Propheten
nennen würde, was? Oh, man könnte viele Rachegelüste wecken und vielleicht
sogar bestraft werden! Verstehst du es, es ist dumm, sich über Namen zu
mokieren, da hat der Kritiker Recht, gerade dann, wenn man in der Sucht als
Prophet des deutschen Sprachraums aufzutreten, den Wörtern ihren Lebensraum in
der Welt nehmen will.
30.03.2014
Amalso und Ägypten
Ab und zu liest Amalso „ägyptische“
Berichte, so zum Beispiel die englische Seite „Mada Masr“ (Was ist Ägypten?
Keine Angst, weltoffen und freiheitsliebend!). Auf dieser Seite, wo jüngst eine
amerikanische Studentin aus Anlass des Ägyptenbesuchs ihrer Eltern den Platz
dafür bekam, war zu lesen, wie man den Ägyptern eine Lektion darin erteilt, was
sie zu tun haben, wenn sie Touristen von außen, von Amerika zum Beispiel,
wieder ins Land locken wollen. Versteht sich, man muss es Ihnen jetzt nach drei
Jahren „Revolution“ sagen, was die Touristen wollen. Denn, wenn sie schon von
den Touristen leben wollen, müssen die
Ägypter erst einmal ihr Haus, ihr Land, ihre Museen etc. wieder in Ordnung
bringen. Ein wohlmeinender Rat!
Was aber war die Erfahrung der
Eltern, die trotz dieser schwierigen Zeit wohlgesinnt nach Ägypten kamen?
Amalso meinte gelesen zu haben, dass sie vor allem eines gefordert hätten:
Macht die Straßen sauber, zieht die Polizei und die Armee aus der
Öffentlichkeit ab, schafft eine vernünftige Arbeit für die wie Schädlinge
herumlungernden Andenkenhändler und Bettler… präsentiert eure goldenen Schätze
schön und gepflegt! So oder so ähnlich lauteten die Belehrungen des
beobachtenden, touristischen Publikums, das in diesem Falle aus Amerika kam.
Voilà, warum nicht!
Apropos Publikum! Wer von den guten
Demokraten und Freiheitsliebenden jetzt noch nach Ägypten fährt, muss sich
zunächst einmal einem gewissen Spießrutenlauf unterziehen, denn Verwandte und
Kollegen rümpfen die Nase: Zu gefährlich! Willst du etwa diese Armee
unterstützen, diesen neuen Diktator? Sagen sie. Das sind gebildete Menschen, die
wissen, wann ein religiöser Präsident oder ein militärischer zum Diktator wird,
wann eine Armee unmoralisch ist und gefährlich, jedenfalls die ägyptische ist
es.
Also finden in diesen Tagen die
touristischen Attraktionen des Landes nur ein auserwähltes Publikum. Man hat
Mut, eine studierende Tochter, oder sonst irgendeinen außergewöhnlichen Grund.
Ist das vielleicht der Anlass dafür, dass man jetzt plötzlich Dinge hier sieht,
die man sonst in New York, Berlin oder Paris nicht sieht: Armut, Gewalt der Polizei,
Präsenz des Militärs, ein Heer von Bettlern und sich selbst überlassenen
Andenkenverkäufern oder Arbeitslosen?
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